Hallo Birgit,
du rufst uns in der Blogparade ‚The Content Society‘ auf, darüber zu schreiben, über welches Thema wir stundenlang sprechen können 😊. Hier erzähle ich dir, was mich fasziniert.
Hast du schon einmal etwas von „neuromotorischer Förderung“ gehört?
Ein spannendes und unglaublich wichtiges Thema.
Meine Geschichte
Ich bin unfreiwillig mit dem Thema konfrontiert worden, da eines unserer Kinder einen „anderen“ Entwicklungsverlauf hatte. Von außen habe ich gehört: „nicht so viel Medienkonsum“ (Lehrerin), „bessere Erziehung“ (Verwandtschaft), „hat dein Kind ADHS?“ (andere Eltern), „ist halt ein lebhaftes Kind“ (andere Eltern). Ich wusste nicht, was mein Kind wirklich braucht, aber ich wusste, dass die obengenannten Kommentare nicht angemessen waren.
Der erste Stolperstein war die Hilflosigkeit meines Umfeldes. Bis heute erlebe ich, dass Eltern mit Diagnosen konfrontiert werden, es aber wenig konkrete Unterstützung gibt, was sie denn jetzt tun können. Leider werden deshalb immer mehr Kinder mit Methylphenidat medikamentiert, was zu den Psychostimulanzien gehört und in Deutschland unter das Betäubungsmittelgesetz fällt.
Auf der Suche
Schwierigkeiten sind Herausforderungen, deshalb habe ich mich auf die Suche gemacht. Irgendwann hat mir dann eine Bekannte gesagt: „Dein Kind hat ein Problem“ (ah, das wusste ich schon), „es braucht neuromotorische Förderung“ (was das ist, wusste ich nicht und konnte es auch nicht richtig herausfinden). Mir blieb nichts anderes übrig, als mich auf den Weg zu machen, um herauszufinden, ob dies ein sinnvoller Weg ist.
Vereinfacht erklärt
„Ich kann es kaum glauben“, sagte erst neulich eine Mutter zu mir. Wie kann man mit kleinen Körperübungen solche Erfolge erzielen? Vereinfacht erklärt ist das Konzept der neuromotorischen Förderung ein nachhaltiges Einüben von kleinen Körperübungen, die sich an der Bewegungsentwicklung im ersten Lebensjahr orientieren. Der Erfolg liegt in der regelmäßigen Wiederholung. Im Prinzip ähnlich wie Zähneputzen: jeden Tag 5 Minuten sind völlig ausreichend.
Kinder sollen fröhlich aufwachsen. Deshalb habe ich aus dem therapeutischen Konzept PäPKi® eine Förderungsform entwickelt, bei dem Spiel und Spaß im Vordergrund stehen. So kriechen Kinder wie die Schnecke (die Tiere stehen für verschiedene Bewegungsübungen), igeln sich ein, drehen sich wie der Drehwurm und trainieren mit dem Krokodil für die Olympiade. Gerade jüngere Kinder machen das mit großer Begeisterung.
Dieses Förderkonzept ist sehr geeignet für Kita und Krippe, sonderpädagogische Einrichtungen und Eltern-Kind-Gruppen, denn hier sind wir gemeinsam unterwegs, lachen, spielen, freuen uns und viele Impulse setzen sich im freien Spiel fort.
Wahrnehmung verändert sich
Neben den motorischen Verbesserungen, die in der Regel immer erreicht werden, findet meistens auch eine Verbesserung der Wahrnehmungsverarbeitung statt. Am offensichtlichsten zeigt sich das bei Zeichentests, wo auch für Laien die Veränderung deutlich sichtbar ist. Wer aufmerksam ist, kann auch in vielen anderen Bereichen erkennen, dass Kinder Fortschritte in ihrer Entwicklung machen.
Bei Sam ist jetzt der Knoten geplatzt, er liest flüssig
Lisa rechnet jetzt entspannt beim Zehnerübergang weiter
Paul findet Zugang zu seinen Emotionen
Leon, Martin und Susanna müssen nicht in die Förderschule wechseln, sondern können in ihrer Klasse bleiben
Anna lernt mit 11 Jahren flüssig lesen
Nina findet jetzt Freunde, weil sie sich besser regulieren kann
Michas Mutter ist erleichtert, weil zu Hause die ewigen Konflikte bei den Hausaufgaben wegfallen
Tina, Mohammad und Luca sitzen jetzt aufmerksam im Morgenkreis
Alina kann auf die Realschule wechseln
Fabians Gangbild hat sich deutlich verbessert, dass alle Lehrerinnen fragen: „Was ist hier passiert?“
Linas Mutter umarmt mich, weil sie so dankbar ist, dass ihre Tochter solche Entwicklungsfortschritte gemacht hat
Liam fährt plötzlich Fahrrad und Ben kann jetzt schwimmen, weil Gleichgewicht und Koordination besser geworden sind.
Es gibt noch viele andere, mutmachende Geschichten. Die Namen der betroffenen Kinder habe ich natürlich geändert, aber diese Entwicklungsverläufe sind wahre Geschichten. Wenn Bekannte jetzt zu mir sagen: „Euer Kind ist so begabt, so erfolgreich, so charmant“, dann freue ich mich, dass es jetzt sichtbar ist. Ich bin aber auch froh und dankbar, dass damals eine Frau zu mir gesagt hat: „Dein Kind braucht neuromotorische Förderung“. Wenn du jetzt fragst: „Vielleicht wäre es ohne neuromotorische Förderung auch gut geworden?“ Diese Frage lässt sich nicht beantworten. Leider bewährt sich der Spruch: „Das verwächst sich schon noch“ manchmal auch in negativer Weise.
Hinschauen und verstehen
Damit Eltern nicht „blind“ vertrauen müssen, mache ich Vorträge mit dem Thema: ‚Hinschauen-verstehen-fördern‘. Die Resonanz ist unglaublich positiv, weil Eltern dadurch einen anderen Blick auf die Möglichkeiten ihres Kindes bekommen. Sie werden befähigt, kompetente Entscheidungen zu treffen, was wir als Eltern-Empowerment benennen.
Was kannst du tun?
Unsere Rufe nach mehr Bildungsqualität und Bildungsgerechtigkeit verhallen gerade leider. Das ist tragisch, denn in den ersten Lebensjahren fördern wir Basiskompetenzen, die später dringend benötigt werden. Deshalb ist es mein Anliegen, dass wir neuromotorische Förderung in Kindergärten und Kitas kindgemäß und spielerisch mit allen Kindern umsetzen. Erzieher
sind gut ausgebildet, um diese Form der Förderung erfolgreich umzusetzen. Die Impulse können ganz einfach in jedes Konzept integriert werden. So können wir ganz einfach hunderten oder tausenden von Kindern wertvolle Kompetenzen fürs Leben mitgeben. Die Kosten für die Fortbildung werden in der Regel von den Trägern übernommen.
Du kennst Eltern, die nach konstruktiven Möglichkeiten suchen, ihr Kind positiv in die Zukunft zu begleiten? Auch sie sollen die Möglichkeiten der neuromotorischen Förderungen kennen. Mach mit und teile diesen Beitrag. Mach andere darauf aufmerksam. Die Zukunft unserer Kinder beginnt heute, und das sollten wir nicht verpassen!
Und wer gleich selbst beginnen will: Im Oktober 24 startet ein neuer Kurs. Für Eltern, Erzieher*innen, Lehrer*innen, Heilpädagog*innen und alle, die selbst qualifiziert Kinder in die Zukunft begleiten möchten: www.konzentrier-dich.de/news
Ich habe seit diesem Jahr die Diagnose ADHS.
Bin somit Spätdiagnostizierte.
So wie viele Frauen.
Denn entweder werden sie gar nicht diagnostiziert, weil man die Symptome nicht erkennt oder viel zu spät - was wäre im Leben wohl anders gelaufen, wenn ich die Diagnose als Kind erhalten hätte?
Und ja, ich nehme ein Medikament.
Anfangs stand auch ich diesem Thema sehr kritisch gegenüber, habe mich damit auseinandergesetzt und mich bewusst dafür entschieden.
Seit dem ist vieles für mich entspannter und ich bin über die Möglichkeit des Medikaments sehr dankbar.
Daher kann ich deine Kritik nicht wirklich nachvollziehen. Würde sie jedoch gerne nachvollziehen können.
Worin genau besteht der Unterschied zwischen der Umsetzung der neuromotorischen Förderung und dem Medikament in Bezug auf…
Liebe Erika,
vielen Dank für deinen Beitrag zu meiner Blogparade! Ich kannte die neuromotorische Förderung bisher nicht und freue mich sehr, dass du bei deinem Kind und bei anderen Kindern so tolle Ergebnisse erzielst.
Einen kleinen Punkt gibt es, bei dem ich dir widersprechen möchte: Ich habe selbst ADHS und bin erst sehr spät diagnostiziert worden. Seit einem Jahr nehme ich Methylphenidat und es ist ein echter Segen und eine große Erleichterung für mich. Auch bei Kindern in meinem Umfeld nehme ich das so wahr. Natürlich muss immer gut geschaut werden, ob die Diagnose stimmt und die Medikamente tatsächlich helfen, aber ich erlebe leider immer noch sehr viel Ablehnung dagegen, die mir überhaupt nicht gerechtfertigt erscheint.
Viele Grüße
Birgit